Nachdem Hans Magnus Enzensberger von talkshow zu talkshow getingelt war, um für das Buch "Kosmos" von Alexander von Humboldt die Werbetrommel zu rühren, ist das Buch gut über die Ladentheken gegangen. Mittlerweile ist dieses Werk des bisher weniger bekannten Naturforschers (1769 - 1859) auch als Hörproduktion im Eichborn-Verlag erschienen .
Mehr Neugier als Misstrauen trieben dazu, sich die Sache mal anzuhören.
Enzensberger hat es sich als Herausgeber nicht nehmen lassen, ein selbstverfasstes Vorwort aufzusprechen. Seine nicht professionell geschulte Sprecherqualität erschwert den - Gott sei dank nicht allzu langen - Einstieg. Er liest zu überdreht und jede Silbe unnötig betonend.
Abgelöst hat ihn Gerd Heidenreich, der sein "Mundwerk" deutlich besser beherrscht. Ruhig und zurückgenommen trägt er den Text des Autors vor.
Humboldts Anliegen war es, ein allen Naturphänomenen zugrundeliegendes Prinzip zu erkunden. Alexander von Humboldt war ein Universalforscher, der die halbe Welt bereist hat, um den Dingen sprichwörtlich auf den Grund zu gehen. Gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm ist er der Namenspatron der Berliner Universität.
Auf der ersten CD beschreibt Humboldt die "Töchter des Uranus" wie Sternschnuppen und Erdbeben, um anschließend mit den Töchtern der Gaia fortzufahren. Wer davon nicht genug bekommen kann, findet biographische Hintergrundinformationen in einem booklett.
Nach einiger Zeit ertappt sich der Hörer dabei, wie er seine Fingernägel manikürt oder sich am Ohr kratzt. Tätigkeiten, die in der Frage gipfeln: Bringt mir das heute noch etwas?
Diese Frage kann mit "Nein" beantwortet werden. Außerdem bleibt der eingangs formulierte Anspruch uneingelöst, jenes Universalprinzip zu erkunden, das die Welt im innersten zusammenhält.
Das Buch erreicht den Hörer von heute nicht. Das Wissen, das Humboldt vermittelt und das von Enzensberger stolz als genial und epochal hervorgehoben wird, ist längst Schnee von gestern.
Dieses Hörbuch enttäuscht, weil es hohe Erwartungen erzeugt, aber bei weitem nicht einlöst. So ist es nur das "des -Kaisers - neue-Kleider"-Prinzip, dem man auf den Leim gegangen ist. Es muss nur ein renommierter Promi aus der linken Kulturszene wie Hans Magnus Enzensberger auftreten, und schon ist die Kauflust geweckt!
Mein Urteil über dieses Werk als nicht mehr zeitgemäß bleibt bestehen, trotz gegenteiliger Meinungen keines Geringeren als Johann Wolfgang von Goethe, der schrieb "Humboldt überschattet uns mit geistigen Schätzen." Oder Joschka Fischer, der sagte: "er hat die Vereinten Nationen der Wissenschaften gegründet." Oder Günther Jauch, der es prägnant auf den Punkt bringt: "Alexander von Humboldt - Europas erster Kosmonaut". Man lasse diese Werbeslogans auf sich wirken!