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  Balladen mit Sulke: Niederfallen ferne Sterne

Passen klassische deutsche Balladen und moderne Popmusik zusammen? Stephan Sulke hat für sich diese Frage mit "Ja" beantwortet. Auf der CD "Niederfallen ferne Sterne - die schönsten deutschen Balladen" hat er 11 bekannte Werke der deutschen Literatur vertont. Die CD ist im Herbst 2005 bei Monopol Records in der Reihe Pop und Poesie erschienen.
Sulke ist in den 80er Jahren als Liedermacher bekannt geworden. Auf seiner CD kleidet er die Werke von Autoren wie Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke und Theodor Fontane in ein zeitgemäßes musikalisches Gewand. Aus Klavier, Gitarre, Kontrabass, Saxophon und elektronischen Rhythmen entsteht eine Musik, die Elemente aus Pop, Jazz und Chanson miteinander verbindet. Die Stücke sind professionell und ansprechend arrangiert.
Leider steht die Musik aber in keiner erkennbaren Beziehung zum Text. Bei der Vertonung von Lyrik erwartet man, dass die Musik die Stimmung der Texte unterstreicht oder kommentiert. Davon kann auf "Niederfallen ferne Sterne" keine Rede sein. Musik und Text ergeben keine Einheit. Die Musik erscheint allenfalls als untermalender Hintergrund. In ihr findet man weder den Sprachrhythmus noch die Atmosphäre der Gedichte wieder.
Das gleiche gilt auch für Sulkes Vortragsweise. Man spürt, dass hier kein professioneller Sprecher oder Schauspieler am Werk ist. Seine leicht näselnde Stimme klingt distanziert und kühl. Sie vermag es nicht, den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Der monotone Sprechgesang variiert nur selten.
Diese Vortragsweise erzeugt keine Bilder im Kopf. Ob Goethes "Zauberlehrling" von erwartungsvoller Freude bei der Abwesenheit des Meisters oder von panischer Ratlosigkeit angesichts des nicht mehr zu bändigenden Besens gepackt wird -Sulkes Stimme verharrt fast im gleichen Tonfall.
Besonders störend wirkt es, wenn Sulke versucht, verschiedenen Figuren unterschiedliche Stimmen zu verleihen. Beim "Erlkönig" spricht er den Sohn mit einer hohen dünnen Stimme, die in ihrer übertriebenen Betonung fast wie eine Parodie wirkt. Dieser Eindruck wird durch die eingespielten Geräusche noch verstärkt. Der Sturm und das Pferdegetrappel im Hintergrund sind überflüssig.
Gelungener ist dagegen das lässig zur Gitarre vorgetragene "Herr von Ribbeck auf Ribeck im Havelland" von Theodor Fontane. Auch Heines "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten" hebt sich positiv ab. Hier kann man in der Musik das langsame Dahinfließen des Rheins erahnen.
Es ist eine interessante Idee, Balladen und Popmusik miteinander zu verbinden. Die rhythmische Sprache der Vorlagen bietet sich zur Umsetzung in Musik geradezu an. Auch könnte dieses Experiment dazu beitragen, deutsche Balladen einem jüngeren Publikum schmackhaft zu machen. Sulke hat diese Idee leider nicht überzeugend genug umgesetzt. Er konnte die Texte nicht zum Leben erwecken. Es wäre wohl lohnender, die Balladen selbst zu lesen oder sich eine gute Lesung ohne musikalische Untermalung anzuhören.

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Gelesen von Stephan Sulke
1 CD, Gesamtdauer
© 2005 by Monopol Records

 

 

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