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  Einmal mehr: Von der Freundschaft

"Von der Freundschaft" ist der Titel eines Essays nicht nur über die Freundschaft. Michel de Montaigne (1533 - 1592) hat dieses Werk verfasst. Im Verlag Ch. Beck ist es 2007 als Hörbuch erschienen. Der Schauspieler Burkhart Klaußner hat es gelesen.
Das Kapitel über die Freundschaft, die dem Buch den Titel verliehen hat, ist enttäuschend kurz und wenig aufschlussreich. Man erfährt wenig über die Freundschaft allgemein, sondern viel mehr über Montaignes persönliche Beziehung zu Etienne de la Boetie. Doch Liebhaber antiker Sentenzen, mit denen der Begründer der Essayistik seine Gedanken unterfüttert, kommen hier voll auf ihre Kosten.
Es sind übrigens die gleichen Spruch-Weisheiten, die die Wände seines Turmzimmers schmücken, in das sich der Autor in Trauer über den Tod seines Freundes zurückgezogen hatte.
Im Gegensatz zu seinen privaten Ausführungen über die Freundschaft erfährt man jedoch über die Einsamkeit viel mehr und viel Interessanteres: Es heißt, dass die Einsamkeit, die niemand will, notwendig ist, um das zu erreichen, wovon aber ein jeder träumt: sich zu finden.
Auch die Art und Weise, wie man "richtig" einsam ist, ohne sich in "Müßiggang" und Langeweile zu verlieren, ist nicht minder unpopulär: Man muss auf Anerkennung oder -in den Worten Montaignes - auf "Ruhmessucht" verzichten.
Was außer den lateinischen Sätzen dem Werk einen besonderen Charme verleiht, sind die bildhaften Vergleiche und Analogien. Hier bewegt sich Montaigne ganz in der Manier seiner antiken Vorbilder, von denen Horaz der wohl meistgenannte ist.
Der Mann im Turm schreibt, dass die meisten nicht Herr im eigenen Haus sind. Mietsherren sind diejenigen, denen man gefallen will. Man selbst wohne nur zur Untermiete.
Und man solle sich anderen nur leihen. Hingeben solle man sich nur sich selbst.
Etwas schwerfällig kommt ein anderer Abschnitt daher mit der Überschrift "Dass unsere Empfindung des Guten und Bösen großenteils von der Meinung abhängt, die wir davon haben". Man hätte nicht bloß den Titel kürzen können, sondern auch die unendlich lange Reihe von Beispielen, die belegen soll, dass der Mensch durchaus in der Lage ist, seine Sicht auf die Dinge zu ändern.
Aber auch hier wird der Hörer entschädigt durch treffsichere Vergleiche. In Analogie zu der Abhängigkeit von Preis und Wert einer Ware findet Montaigne, dass die Dinge nur den Wert besitzen, den man ihnen gibt.
Eine gelungene Lesetechnik erkennt man daran, dass man am Ende nicht sagen kann, wie genau der Sprecher gelesen hat, um einen positiven Lese-Effekt zu erzielen, wie er hier erzielt worden ist. Burkhardt Klaußner bringt das Gelesene zu Gehör, ohne selber in Erscheinung zu treten zum Beispiel durch zu lautes oder leises Lesen. Bis auf ein paar verzeihliche Mängel, die mehr dem Werk als der Inszenierung geschuldet sind, ist das Hörbuch aber absolut hörenswert.

Michel de Montaigne, "Von der Freundschaft"
Gelesen von Burkhardt Klaußner
Laufzeit: 149 Minuten
2007 by Verlag Ch. Beck, München
ISBN: 978-3-406-55868-9

 

 

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