Die Deklassierten im Dunstkreis von Hartz IV sind die Hauptpersonen in seinen Geschichten. Ihrem Alltagsleben widmet sich Clemens Meyer mit solidarischer Anteilnahme ohne jedes Pathos. Für seinen Erzählband "Die Nacht, die Lichter" hat er auf der Leipziger Buchmesse im März 2008 den Deutschen Buchpreis erhalten.
Zwischen Bierpulle und Kippen, vorüberfahrenden S-Bahnen und zahnlosen Nachbarn spielen seine Geschichten von Leuten, denen jegliche Hoffnung abhanden gekommen ist. Nicht Empörung oder heiliger Zorn zeichnet Meyers Schilderungen aus, sondern eine Beschreibung mit der allergrößten Selbstverständlichkeit der Welt.
Zeitsprünge benutzt der Leipziger Autor dabei geschickt als Stilmittel, um die fehlende Veränderung der Situation und damit ihre schiere Ausweglosigkeit zu beschreiben. Gerade durch die unaufgeregte Erzählweise ohne deutliche Parteinahme für diese Menschen ergreift Meyer auf eine sehr eindrucksvolle Art Partei für die Benachteiligten dieser Gesellschaft.
Man merkt den Geschichten an, dass ihr Verfasser das Millieu sehr gut kennt, das er da beschreibt. Die Fahrt zum Jobcenter, das gerade beim Eintreffen des Antragstellers seine Büros schließt, schildert er ebenso unauffällig wie die Gedanken eines Boxers, der seine Kämpfe grundsätzlich immer verlieren muss. Wenigstens sieht man die blauen Flecken auf seiner dunklen Haut hinterher nicht.
Gerade die unaufgeregte Darstellung der Geschichten als pure Selbstverständlichkeit verleiht ihnen den Charakter einer Anklage. Dabei wird Meyer nie moralisch oder parteiisch. Er beschreibt die Vorkommnisse mit einer sachlichen Distanz, die doch zugleich tiefe Anteilnahme und Mitgefühl erahnen lässt.
Mitunter wirken die Texte durchaus depressiv. Doch ziehen sie den Leser in ihren Bann, weil sie eine unangenehme Wahrheit anschaulich vermitteln.
Das Hörbuch hat diesen Stoff ebenso eindrucksvoll und eindringlich umgesetzt.
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