Seine Reportagen habben ihn weltberühmt gemacht. Unter Pseudonymen hat sich Günter Wallraff in die redaktion der BILD-Zeitung eingeschlichen. Verkleidet als Türke hat er "Gamz unten" am eigenen Leib erfahren, wie Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland behandelt werden.
"Aus der schönen neuen Welt" berichtet Wallraff auch in seinem jüngsten Buch. Seine "Expeditionen ins Landesinnere" führten ihn in ein Call-Center und in die Bäckerei, die für die Supermarktkette Lidl Billig-Brötchen backt.
Den Arbeitsbedingungen der Menschen in diesen Betrieben gilt dabei sein Interesse. Aus eigener Erfahrung will er beschreiben, wie es in deutschen Unternehmen im 21. Jahrhundert zugeht und wie Menschen immer noch zu Arbeitssklaven degradiert werden.
Seine Empathie für diese Mitmenschen verbündet sich dabei mit einer klaren politischen Gesinnung. Wallraff ist eilnehmender Berichterstatter und nicht neutraler Chronist.
Vor allem aber ist er heimlich unterwegs. Möglichst unerkannt will er den Verhältnissen auf den Grund gehen, die er anschließend plastisch beschreibt.
Sein Buch "Aus der schönen neuen Welt - Expiditionen ins Landesinnere" ist 2009 bei Random House auch als Hörbuch erschienen. Auf zwei CDs berichtet der Autor übr seine Undercover-Recherchen in deutschen Unternehmen, seine Erfahrungen als schwarz geschminkter Minijobber und als Obdachloser.
An Wallraffs näselnde und leicht lispelnde Stimme muss man sich erst gewöhnen. Doch erkennt man beim Zuhören schon bald, dass gerade die Lesung der Schilderungen durch den Autor dem Hörbuch genau die Authentizität verleiht, die er mit seinem persönlichen Eintauchen in die Welt der "kleinen Leute" anstrebt.
Für seine Reportagen zahlt Wallraff durchaus einen hohen Preis. in der Großbäckerei erleidet er - ebensow wie viele Kollegen - schmerzhafte Verbrennungen, weil das Blech mit den Bröthchen beim schnellen Herausholen aus dem Ofen noch heiß ist.
Ekelhaft ist Wallraffs Beschreibung vom Schimmel, der in der Backstube wuchert. Für eine gründliche Reinigung ist angesichts der Dumping-Preise offenbar keine Zeit.
Nicht ganz so drastisch ist Wallraffs bericht aus dem Call-Center ausgefallen. Aber auch hier stehen die Beschäftigten unter hohem Druck, vorgegebene Erfolgsquoten zu erzielen. Eine kundenorientierte Beratung ist dabei nicht gefragt.
Wer sich mit Wallraff auf diese "Expedition" in die schöe neue Arbeitswelt oder an den Rand der deutschen Gesellschaft begeben hat, bleibt ernüchtert zurück. Menschen sind nur Objekt von Interessen, gegen die sie sich kaum wehren können.
Profit rangiert vor Menschlichkeit. Ihre Gewinne erwirtschaften die Unternehmen dabei auf Kosten ihrer Kunden und vor allem die Knochen ihrer Beschäftigten.
Diese Erkenntnis ist der Gewinn, den der Zuhörer aus Wallraffs Schilderung ziehen kann. Die 145,18 Minuten Abspieldauer lohnt das allemal.
|