Wie die 20er Jahre so ist auch das 70-minütige Hörbuchfeature - kunterbunt, wild und explosiv. "Die 20er Jahre - Tanz auf dem Vulkan" von Dorothee Meyer-Kahrweg streift in einem chronologischen Schnelldurchlauf Ereignisse wie auch Personen dieses bewegten Jahrzehnts. Bunte Collagen mit Texten und Liedern zu Politik, Kultur und Wissenschaft garantieren kurzweilige Unterhaltung in nostalgischem flair. Bei dieser temporeichen Produktion bleibt kaum Zeit, über Hintergründe und Zusammenhänge zu informieren. Eher zufällig und assoziativ ist der Aufbau des features. In einer schrillen Jahrmarkt-Athmosphäre sind Reden zum "Schanddiktat von Versailles" in einem Zug mit dem Togore-Fieber, politischen Unruhen oder der Frankfurter Küche zu hören. Prophetisches von Thomas Mann und Bertolt Brecht folgt auf eine kabarettistische Kostprobe von Lisel Karlstatt und Karl Valentin. Auf uraltem Tonträger trällert ein verschmitzter Herr seinen Beitrag zur Emanzipation der Frau: "Großmama, lass Dir die Haare schneiden". Stimmen aus dem Radio, die einen Beerdigungszug mit viel Pathos begleiten, oder der geschliffene Drill in den Reden des Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg, wechseln mit Musikeinlagen der commedian harmonists oder dem aufkommenden Jazz, der auch heute noch modern ist.
Altes und Neues, Rechtes und Linkes, Extreme auf allen Ebenen stehen einander gegenüber. Diese kontrastreiche Mischung der 20er Jahre hält das Hörbuch spannend und witzig zugleich fest. Während zahlreiche Tondokumente leicht verdauliche Sinneseindrücke servieren, treten hin und wieder informierende Sprecherstimmen aus dem Hintergrund, wenn sie einen chronologischen Jahresrückblick einstreuen oder einfach nur mitteilen, dass Charly Chaplin und Buster Keaton über die Kinoleinwand flimmerten oder Nackttänze der bananenumkränzten Josephine Baker für Skandale sorgt.
Dieses sinnenfrohe- raffiniert komponierte feature läßt sich durchaus hören, immer wieder, wie eine Schnulze aus dem Radio.