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  Kampf der Geschlechter: Penthesilea

"Was sich liebt, das neckt sich", sagt der Volksmund. Was aber passiert, wenn die Liebe grenzenlos ist, - bleibt es dann beim Necken? "Penthesilea" , eine Hörspielproduktion aus dem Jahre 1955 gibt die Antwort. Es geht aber um mehr in dem Stück nach dem gleichnamigen Trauerspiel von Heinrich von Kleist (1777-1811). Wahnsinn, Macht, Eitelkeit sowie die Koppelung von Liebe und Hass sind die Themen.
Penthesilea (Maria Becker), die Königin der Amazonen, hat sich in Achilleus (Will Quadflieg), den Sohn eines Gottes, verliebt. Sie nimmt ihn kurzerhand gefangen und begibt sich in einen Zweikampf mit ihm, Penthesilea wird verletzt. Doch dann erwischt es auch Achill. "Von Liebe getroffen", so heißt es, richtet er sie wieder auf. Penthesilea gesteht dem Griechen ihre überschwengliche Liebe, doch dann dreht Achill den Spieß um. Er will die stolze Amazone gefangen nehmen und erneut gegen sie kämpfen, anschließend will er die Begründerin des Frauenstaates auf den "Thron seiner Väter" heben. Penthesilea, außer sich vor Wut, macht gegen ihn mobil. Mit einer Schaar von Hunden und Elefanten stürmt sie auf Achill los, dann erlegt sie ihn wie ein Tier. Über ihr bestialisches Tun entsetzt, entleibt sie sich schließlich.
Heinrich von Kleist hat mit seinem Dramenstück viel gewagt. Unverständnis und Entsetzen löste die Vorlage lange Zeit aus. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts, dann in den Siebzigern und Achtzigern wurde "Penthesilea" im Zuge der stärker werdenden Frauenbewegung populär. Der Stoff erschreckt längst nicht mehr. Es sind vielmehr die schnelle Gangart der rasch wechselnden Dialoge und die ungewohnte Sprache Kleists, die beim zuhören Probleme bereiten könnten. Die 120 minütige Aufnahme unter der Regie von Wilhelm Semmelroth ist sicherlich keine leichte Kost. Man muß sich schon auf die Dynamik des Sprechstücks einstellen, will man sich von ihm mitreißen lassen. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ist aber der Funke der pathetisch vortragenden Schauspieler übergesprungen. Die Kampfeslust der vor Troja liegenden Griechen, ihre quälende Ungewißheit über das Vorhaben der plötzlich auftauchenden Amazonen ist zum Greifen nahe. Ebenso sieht man die mächtige Penthesilea direkt vor dem geistigen Auge, wenn sie mit kraftvoller Stimme aus dunklen Tiefen grollt oder ein anderes Mal zärtlich flüstert. Die widersprüchlich angelegte Figur der Amazone hat Maria Becker gekonnt umgesetzt. Die Leistungen aller 12 an der Produktion beteiligten Schauspieler sind überaus gelungen. Prädikat: hörenswert.

Heinrich von Kleist, "Penthesilea"
Regie: Wilhelm Semmelroth
Produktion: Westdeutscher Rundfunk, Köln
© 1955, Print-Erstveröffentlichung 1808
2 CDs, Laufzeit 120 Minuten
Edition Nemosyne Verlag füK;l;r alte Hüte & Neue Medien, Neckargemünd Audiobuch-Verlag
ISBN 3-934012-13-2

 

 

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