"Hier vorbei die Straße, diese,
nach Sibirien hin.
Gehst zu fremd und nie gesehen
Russland bist nicht bang.
Menschen ziehen die Straße,
gehen unter Kettenklang."
Leise, aber eindringlich sucht sich die alte Stimme ihren Weg in das Ohr der Zuhörer. Etwas in einem drin sperrt sich, will die Bedeutung dieser Worte nicht ins Bewusstsein dringen lassen. Aber es hilft nicht.
Paul Celan (1920-1970) liest Gedichte von Sergej Aleksandrowitsch Jessenin (1895-1925) und Ossip Mandelstam (1891-1938) auf eine Weise, der man sich nicht entziehen kann. Der Hörverlag hat im Herbst 2002 25 vom Sprecher übersetzte Werke der russischen Dichter herausgebracht. Die Aufnahmen entstanden 1967 beim Westdeutschen Rundfunk in Köln.
Jedem Schulkind ist Celan durch "Die Todesfuge" als Meister der hermeneutischen Dichtung bekannt. Wo Schrecken und Greuel sich der Sprache entziehen, findet der jüdische Autor Möglichkeiten das Unfassbare auszudrücken. Auch bei der Übersetzung der Werke seiner Kollegen gelingt es ihm wie keinem anderen das Grauen in Worte zu fassen.
Kalt, fast monoton trägt er die Gedichte über Leid und Unmenschlichkeit vor. Plötzlich hält die zähe Stimme an. Sie zögert, als warte sie auf den nächsten Schlag. Der Hörer zittert mit. Es ist kaum möglich, sich dem Drängen von Celans Stimme zu entziehen.
56 Minuten füllen die Gedichte. Doch man sollte sich diese CD nicht in einem Stück anhören. Sie ist schwere Kost und will entsprechend verdaut werden. Der Aufwand lohnt sich aber trotzdem. Gedichte und Lesung finden in dieser CD ihren würdigen Konterpart.
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Sergej Jessenin und Ossip Mandelstam
, "Paul Celan liest Gedichte von Sergej Jessenin und Ossip Mandelstam
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Gelesen von Paul Celan
© 1967 Westdeutscher Rundfunk, K”ln
1 CD, Laufzeit 56 Minuten
der Hörverlag, München
ISBN 3-89584-988-X
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