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  G´scheit: Die Blendung

Die Blendung heißt das Hörspiel zu Elias Canettis gleichnamigem Roman. Erschienen ist die Produktion 2003 beim Hörverlag. Sie ist - wie sich das für ein Hörspiel gehört - ausgestattet mit einer Menge Sprechern, einem Erzähler und ein bißchen Musik.
Um was geht's?
Ein weltfremder Professor , der Bücher über alles liebt, steht im Mittelpunkt des Geschehens. Dies ist nichts Ungewöhnliches. Wirklich verrückt wird es aber, als Professor Kien seinen Büchern eine Kriegsrede hält. Er errichtet eine Barrikade gegen die böse Welt, die ihn dennoch oder gerade deshalb bezwingt. Canetti zeichnet das Klischee eines intellektuellen Sonderlings, der dem Wahnsinn immer stärker anheimfällt. Allerdings passt die stimmliche Interpretation nicht zu dem sensiblen und naiven Sinologieprofessor. Felix von Manteuffel, der dieser Figur seine Stimme leiht, spricht relativ kraftvoll und akzentuiert. Um Kien herum sind Leute, von denen man allgemein sagen würde, sie stehen - - mit beiden Beinen im Leben, - ganz im Gegensatz zu dem Sinologen. Therese, seine Frau, will sein Geld, sein Testament und sonst nichts. Interessant ist die Entwicklung dieser Figur, die sich von einem unterwürfigen Dienstmädchen zu einer kleinkrämerischen, gerissenen Matrone entwickelt. Immer lauter und zischender wird die anfangs kleinlaute Stimme der Schauspielerin Libgart Schwarz. Es schaudert einem regelrecht, wenn sie von sich und Kien in der dritten Person spricht. "Versorgen muss der Mann die Frau.", sagt sie. Frischler, ein Zwerg mit einem Buckel nutzt den unbedarften Professor ebenfalls aus. Sein breites Wienerisch strotzt nur so von schmierigem Charme. Kien wird das Opfer seiner zwielichtigen Geschäfte. Zwei Welten stürzen aufeinander ein, das tragische Ende ist vorprogrammiert.
Die für den Roman so typische Irrealität oder vielleicht die schonungslose Offenlegung menschlicher Abgründe setzt das Hörspiel unter der Regie von Robert Mateyka überzeugend um. Diese sehr gelungene Produktion wirkt beklemmend und mitunter frustrierend. Sicher ist dieses Hörbuch nicht unbedingt als entspannende Unterhaltungslektüre zu empfehlen. Die Figuren und Ereignisse weisen allegorisch über sich hinaus. Allein schon deshalb eignet sich dieser - vielleicht blutleer zu nennende - Roman eher zum Interpretieren und Analysieren. So kann sich der Hörer zumindest brauchbarer Erkenntnisse erfreuen.

Elias Canetti, "Die Blendung"
CDs, gesamtlänge 174 minuten
Der Hörverlag, München
ISBN 3-89940-070-4
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