"Die Welt würde sein Andenken haben segnen müssen, wenn er in einer Tugend nicht ausgeschweift hätte. Sein Rechtsgefühl machte ihn zum Räuber und Mörder." So beginnt die Erzählung "Michael Kohlhaas" von Heinrich von Kleist. Auf CD ist das Werk Anfang 2003 in ungekürzter Fassung beim Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen erschienen.
Michael Kohlhaas zählt zu den Klassikern der deutschen Literatur. Der Name ist längst Synonym für fanatisches Gerechtigkeitsstreben geworden. Die Erzählung ist nebenbei eine vortreffliche Charakterstudie und eine realistische Darstellung politischer Machtverhältnisse um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Aber auch heute hat die Problematik eines gewaltsamen Kampfes für gerechte Ziele nichts von ihrer Aktualität verloren.
Wie David gegen Goliath legt sich ein einzelner erst gegen einen Landesherrn, dann mit der ganzen Staatsmacht an. Dies geschieht zu einer Zeit, wo es undenkbar scheint, den hohen Herrschaften auch nur ansatzweise nahezukommen. Kritik und daraus abgeleitete Forderungen zu wagen, ist schon kaum mehr vorstellbar. Michael Kohlhaas, ein angesehener Pferdehändler aus Ostdeutschland, hat diesen Affront mit allen Konsequenzen auf sich genommen. Auslöser war ein Passschein, den Kohlhaas auf Anweisung des Wenzel von Tronka für seine Pferde benötigte, um nach Sachsen einreisen zu können. Da er ihn nicht vorweisen konnte, ließ er seine Rappen als Pfand bei Hofe zurück. Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass der Pferdehändler überhaupt keinen Passschein benötigt hätte. Als Kohlhaas seine Pferde zurückholen wollte, traf er sie in einer erbärmlichen Verfassung an. Er forderte sie in ihrem ursprünglichen Zustand zurück. Dies ist die Ausgangssituation einer langwierigen, aber spannenden Odyssee, in der sich der betrogene Pferdehändler Gerechtigkeit verschaffen will.
Dank der vortrefflichen Rezitation Reiner Unglaubs sind die mitunter komplizierten Handlungsstränge gut nachvollziehbar. Über seine akzentuierte Vortragsart erschließt sich dem Hörer , wenn auch nur ansatzweise, sogar die literarische Vielschichtigkeit und Tiefe des Textes, in dem kein Satz zuviel, kein Wort überflüssig ist. Unglaub stellt mit seiner klaren und weichen Stimme - gepaart mit einer perfekten Sprechtechnik - alles bisher Gehörte in den Schatten. Dieses Hörbuch zählt ohne Wenn und Aber zu den Besten. Hier ist ein Hörbuch gelungen, das unterhält, nachdenklich macht und ergreift!