Die Hörbuch-Branche boomt immer noch, aber nicht mehr so stark wie in den vergangenen Jahren. Während in Deutschland immer mehr Hörbuchverlage ein Stück des Umsatzkuchens beanspruchen, sieht die Entwicklung im Mutterland der Hörbücher weniger rosig aus: In den USA sind seit Beginn des Jahres 2003 die Umsätze mit Audiobooks rückläufig.
Nach einer Untersuchung von Euromonitor International hatten die Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Gesamtvolumen von gut 35 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 weltweit mit Abstand den größten Buchmarkt, gefolgt von Japan mit 11 Milliarden und dem zum ersten Mal um einen Platz gefallenen Deutschland mit 8 Milliarden. Während hierzulande im Hörbuchbereich immerhin respektable 60 Millionen Euro umgesetzt werden, nähert man sich in den Vereinigten Staaten der traumhaften 3-Milliarden-Dollar-Marke.
Deutlich mehr als hierzulande interessiert man sich in den USA für aufwendige Theaterproduktionen. Doch den Löwenanteil im Hörbuchsektor nimmt das Sachbuch ein, vor allem das historische Sachbuch. Fremdsprachige Titel, insbesondere spanische und hebräische, sind in den USA ebenfalls viel mehr gefragt als auf dem deutschen Markt. Eine Auswahl besonderer Exemplare aller Gattungen und Genres präsentiert die International Publishers Alliance auf ihrem Stand K 988 in Halle 8.0.
Galten gekürzte Versionen in den vergangenen Jahren bei amerikanischen Käufern geradezu als verpönt, kehrt sich dieser Trend nun zunehmend ins Gegenteil um: "abridged audio books" sind plötzlich der Renner. Dass sich bei diesem Thema auch in Deutschland die Geister scheiden, wird sicherlich eine Diskussion auf dem FOCUS Forum Hörbuch zeigen: "In der Kürze liegt die Würze?" fragen Experten am Donnerstag (9. Oktober) ab 15.30 Uhr. Sie stellen zur Debatte: "Sind Kürzungen schlecht, nur weil sie Kürzungen sind? Sind Hörbuchfassungen reduzierte Ware zu überteuertem Preis? Oder entsteht durch die Kürzung erst die Dramaturgie?"
Als "Ereignis des Jahres" bezeichnet der britische Buch-Informationsdienst "Bookseller" das mit Spannung erwartete fünfte Harry-Potter-Hörbuch - und hofft auf einen Impuls, der dem Medium schon einmal neue Käuferschichten beschert hat. Ende September bringt die BBC, die in Halle 8.0 am Stand F 911 ausstellt, "Harry Potter and the Order of the Phoenix" auf den Markt. Das englischsprachige Hörbuch wird gelesen von Stephen Fry, der bei englischen Hörern ähnlichen Kultstatus genießt wie hierzulande Rufus Beck, der Hörbuchsprecher der deutschen Rowling-Romane.
Bei Erscheinen des ersten Romans entdeckten viele Leser, die bis dahin nicht gerade zu den Hörbuch-Freunden zählten, wie reizvoll vorgetragene Literatur sein kann. Sie beschränkten sich dann aber nicht nur auf diesen einen Kauf, sondern schnupperten mehr und mehr in die bunte Welt der Wort-Kassetten und -CDs hinein. Eine Wiederholung dieses Effekts würde allen internationalen Hörbuchmärkten frischen Aufwind geben.
Innovative Marketing-Strategien und Verkaufskanäle zur Steigerung der Hörbuchumsätze kommen über kurz oder lang aus Übersee auch nach Europa: An Tankstellen nehmen Hörbücher fast denselben Stellenwert ein wie normale Bücher; in Supermärkten landen Audiobooks wie Lebensmittel auf dem Kassenband; Blumengeschäfte verkaufen Literatur-CDs neben Rosen und Nelken erfolgreich als Geschenk-Idee. Das Ziel dieser für deutsche Verhältnisse ungewöhnlichen Aktionen ist, die Menschen zu erreichen, die Hörbücher bisher links liegen lassen. Amerikanische Hörbuchverlage sehen den klassischen Buchhandel inzwischen nur noch als einen Vertriebsweg unter vielen.
Wie neue Zielgruppen sich für gesprochene Literatur begeistern lassen, erklärt die Forumsveranstaltung "Hörbücher - Wachsen durch gutes Marketing" am Mittwoch (8. Oktober) um 15.30 Uhr mit Experten des Börsenblatts.